Gegen Abstandsmessung vorgehen - Fehlerquellen finden!


... lohnt sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid?

Viele Bußgelder sind fehlerhaft

Wussten Sie, dass eine Vielzahl der in Deutschland versendeten Bußgelder fehlerhaft sind? Eine offiziell bestätigte Zahl liegt nicht vor, doch es wird davon ausgegangen, dass bis zu 50% oder gar 2/3 der Bescheide fehlerhaft seien. Meist werden zwingende Messvorschriften schlichtweg nicht eingehalten. Es kommt auch vor, dass Behörden verjährte Ordnungswidrigkeiten noch ahnden, obwohl dies rechtlich nicht mehr möglich ist. Umso mehr gilt: Bußgeldbescheide sollten genau überprüft werden. Daher ist es nie von vornherein aussichtslos, gegen einen Bußgeldbescheid wegen Abstandsmessung vorzugehen.

Insbesondere im Rahmen der Akteneinsicht können Messfehler aufgedeckt werden. Dies deshalb, weil die jeweilige Behörde im Zuge der Akteneinsicht auch Material zur Verfügung stellen muss, welches zu Ihren Gunsten wirkt. Daher ist es unabdingbar, zu wissen, welche Fehlerquellen und Angriffspunkte bei welchen Messverfahren existieren. Diese sind dann im Anschluss zur Akteneinsicht entsprechend entsprechend zu monieren.

Überwiegend lassen sich Angriffspunkte im Messverfahren finden. Bei Abstandsmessungen kann auf verschiedene Weisen gemessen werden. Besonders beliebt sind Abstandsmessungen auf Autobahnen. Hierfür werden auf Brücken die eingesetzten Messsysteme installiert. Dann wird in der Regel durch eine „Weg-Zeit-Berechnung" die Messung des Abstandes vorgenommen. Wenn Sie erfahren möchten, wie genau gemessen wird, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag zum Messverfahren.

Welche Fehlerquellen existieren?

Fehler beim Messverfahren oder beim Bußgeldbescheid können vielseitig sein. Bevor wir in die Details der Angriffspunkte eingehen, stellen wir Ihnen nachfolgend einen kleinen Überblick über wichtige Punkte vor.

Wo ist beim Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wegen Abstandsmessung anzusetzen?

Für den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Abstandsmessung ist es notwendig, jegliche Gegebenheiten des Messtages zu studieren. Insbesondere ist es notwendig, sich genau mit dem Messverfahren auseinanderzusetzen. Hierfür sind Kenntnisse über das Messgerät gefragt. Viele Informationen erhält der Verteidiger im Rahmen der Akteneinsicht. Sofern der von Ihnen erhaltene Bußgeldbescheid nicht bereits an Formfehlern leidet, können häufig erst nach erfolgter Akteneinsicht alle in Betracht kommenden Fehler der Abstandsmessung überprüft werden. Exemplarisch möchten wir Sie über die bereits erwähnten Punkte im Detail aufklären.

Gültiger Eichschein

Für den ordnungsgemäßen Betrieb benötigen Standardisierte Messverfahren eine gültige Eichung, die in der Regel durch einen Eichschein nachgewiesen wird. Hierdurch soll die Messgenauigkeit des Verfahrens garantiert und Messfehler ausgeschlossen werden. Daher ist bei der Verteidigung ein besonderes Augenmerk auf Eingriffe in das Gerät nach der letzten Eichung zu richten. Ansonsten können diese zu Ihren Lasten wirken, da nicht auszuschließen wäre, dass die Messgenauigkeit des Messverfahrens inkorrekt ist.

Lebensakte oder auch: eichrelevante Unterlagen

Wie bereits soeben erläutert, kann eine Reparatur am Messgerät zur Folge haben, dass die Ausstellung eines neuen Eichscheins notwendig wird. Eben solche notwendigen Reparaturen am Messgerät finden sich in der Lebensakte wieder.

Bedienungsanleitung des Messgeräts

Für die Verteidigung in einem Bußgeldverfahren mit Einsatz von technischen Messgeräten - wie bei der Abstandsmessung - ist es besonders wichtig, sich einen Überblick über die Betriebsanleitung des Messgeräts zu verschaffen. Erst dann kann nachvollzogen werden, wie die Bedienung und Aufstellung des Messgeräts zu erfolgen hat. Zu prüfen ist dann, ob die Messbeamten die Abstandsmessung nach den Vorgaben des Herstellers durchgeführt haben. Falls nicht, kann die Wahrscheinlichkeit für fehlerhafte Messungen erheblich gesteigert sein.

Messprotokoll

Wie allerdings die Bedienung und Aufstellung des Messgeräts tatsächlich stattgefunden hat, ergibt sich aus dem sogenannten Messprotokoll. Für die Verteidigung ist es daher wichtig, zu prüfen, ob der Messbeamte die Vorgaben des Herstellers beachtet hat – denn nur so sind zweifelsfrei ordnungsgemäße Messergebnisse herstellbar. Insbesondere ist darauf zu achten, ob die Örtlichkeit oder Witterung für das Messverfahren geeignet war. Weiter wäre beispielsweise zu prüfen, ob vorab Testmessungen durchgeführt worden sind und falls ja, in welchen Messabständen. Man muss stets bedenken, dass nie ausgeschlossen werden kann, ob eine Messung in einem nicht zugelassenen Abstand stattgefunden hat. Dies kann zur Folge haben, dass die Eigenschaft als standardisiertes Messverfahren nicht mehr gegen ist.

Schulungsnachweise des Messbeamten

Messbeamte müssen an besonderen Schulungen teilnehmen und so unter anderem den Umgang mit dem jeweiligen Messgerät erlernen. Diese Teilnahme wird dann im Anschluss mittels eines Dokuments bescheinigt. Genau hierauf sollte im Zweifel ganz genau geachtet werden. Nicht selten schreiben Bedienungsanleitungen von Messgeräten vor, dass der eingesetzte Schulungsbeamte Kenntnisse der Foto- und Filmauswertung haben muss. Bei der Überprüfung des Bußgeldbescheides ist dann zu prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.

Formfehler des Bußgeldbescheides

Nach Erhalt des Bußgeldbescheides ist zunächst zu prüfen, ob der Vorwurf bereits verjährt ist und ob Ihnen alle notwendigen Informationen mitgeteilt werden. Der Bußgeldbescheid muss den Ihnen gemachten Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abgrenzen. So soll sichergestellt werden, dass Sie sich als betroffene Person im klaren sind, gegen welchen Vorwurf Sie sich verteidigen müssen - „Überraschungen" sollen ausgeschlossen werden. Zum erforderlichen Inhalt gehören beispielsweise die Angabe der wichtigsten Personendaten, die Individualisierung der Tat, die Bezeichnung der gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und vorliegende Beweismittel. Weiter muss der Bußgeldbescheid auch über Hinweise und Belehrungen verfügen. Im Rahmen der Verteidigung ist dann zu prüfen, welche Auswirkung der Fehler hat. Denn manche Fehler wiegen schwerer als andere!

Wie kann ich gegen den Bußgeldbescheid vorgehen?

Nachdem gegen Sie ein Bußgeldbescheid erlassen wird, können Sie gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen. Im Rahmen des Einspruchs können Einwände gegen den Bußgeldbescheid erhoben werden. Eine offizielle Zahl, wie viele der täglich von den Bußgeldstellen Deutschlands versendeten Bußgeldbescheide fehlerhaft sind, existiert nicht. Im Internet kursieren jedoch Zahlen, dass bis zu 50% oder gar 2/3 aller versendeten Bußgeldbescheide fehlerhaft sind. Oftmals erfüllen sie nicht die hohen Anforderungen für ordnungsgemäße Messverfahren. Diese kommen meist jedoch erst durch eine Akteneinsicht zum Vorschein. Bei erfolgreicher Geltendmachung der Fehler wird das Verfahren gegen Sie eingestellt. Lesen Sie gerne hierzu unseren Hauptbeitrag zur Abstandsmessung und ihren Angriffspunkten.

Unsere Empfehlung zum Schluss

Sofern Sie einen Bußgeldbescheid wegen eines Abstandsverstoßes erhalten haben lohnt sich in jedem Fall ein genauerer Blick darauf, was Ihnen eigentlich vorgeworfen wird – denn es gibt viele Vorgaben, die die Messbeamten bei der Messung zu beachten haben. Es ist nie auszuschließen, dass Abstandsmessungen Fehler enthalten, die die Rechtmäßigkeit eines Bußgeldbescheides aufheben können. Aber auch darüber hinaus kann bereits der auf einer Abstandsmessung beruhende Bußgeldbescheid an formalen Mängeln leiden. Beispielhaft ist hier die Verjährung zu erwähnen, die die Durchsetzbarkeit des Bescheides aufheben kann. Ebenso kann es dem Bußgeldbescheid am notwendigen Inhalt fehlen – Stichwort: Hinweise und Belehrungen.
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